🗝️ Die Kleinfinger

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„Was klein ist, wird selten gesehen – und seltener gefasst.“

Wer in Ravaryn oder Eloven ein fehlendes Amulett, ein entwendetes Siegel oder einen plötzlich leeren Münzbeutel beklagt, flucht oft über sie – doch niemand kann sagen, ob sie je wirklich existiert haben: die Kleinfinger, eine Diebesgilde, über die man nicht spricht, sondern flüstert.

Ihr angeblicher Codex? Man sagt, kein Mitglied der Kleinfinger reiche einem Zwerg über die Schulter – nicht, weil es ihnen an Mut fehlte, sondern an Größe. Ob das ein Zufall oder ein uraltes Prinzip ist, weiß niemand mit Sicherheit.

Die einen erzählen sich, der erste Meister der Gilde sei ein Halbling gewesen, der einst von einem hochgewachsenen Dieb verraten wurde – seither dulde die Gilde nur jene, die „den Schatten klein genug halten, um darin zu verschwinden“. Andere wiederum munkeln, die Kleinfinger glaubten an einen alten Fluch: Wenn ein Langbein ihren Kreis betritt, verblassen ihre Gaben – und mit ihnen die Kunst des lautlosen Verschwindens.

Und dann gibt es noch jene, die kichern und sagen: Einmal hat man wohl einen Ork aufgenommen – aber der hat sich beim Einbruch am Türrahmen gestoßen, den Lord geweckt und beim Davonlaufen das halbe Treppenhaus zerlegt. Seither heißt es: „Ein Kleinfinger passt durchs Schlüsselloch. Alles andere ist Einbruch mit Ansage.“

Über ihre Organisation ist nichts bekannt. Manche behaupten, sie seien ein loses Netz aus Dieben, die sich lediglich denselben Namen teilen. Andere schwören, in den Schatten der Städte existiere ein verborgenes Gildensystem mit Kodizes, Prüfungen und geheimen Sammelorten – erreichbar nur über Dachrinnen, Brunnenschächte oder rückwärtige Luken.

Was die Kleinfinger von gewöhnlichen Gaunern unterscheidet, ist ihre unerschütterliche Loyalität untereinander – und ein Ehrenkodex, der mehr mit Gerechtigkeit zu tun hat als mit Gold. Sie bestehlen Reiche, nie Arme. Sie bestehlen Tyrannen, nie ehrliche Händler. Und wer einen Kleinfinger verrät, der wacht am nächsten Morgen ohne Schuhe, ohne Ring und ohne Stolz auf.

Ob Mythos oder Wahrheit – sie sind Teil der Gassenmärchen. Und manchmal genügt schon das Gerücht, um ein Tor zu verriegeln.